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Vor ein paar Tagen war es wieder so weit, Radio Doria, die Band um Schauspieler Jan Josef Liefers, schlug in der Darmstädter Centralstation auf und ich hatte das Glück, die Jungs ein weiteres live erleben zu können. Das Frankfurter Mini-Konzert hatte mich so begeistert, dass ich mir schon damals sagte: Wiederholungsgefahr! Diesmal dann also Darmstadt. Und mein erstes Mal in der Centralstation. Coole Location, das kann man mal so stehen lassen.

Der Saal war auch gut gefüllt, ach was sage ich, ich würde behaupten, es war so gut wie ausverkauft. Die vorgetragenen Songs stammten wieder von dem Album „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“, in das ihr hier einmal hineinhören könnt, solltet ihr noch nicht die Chance gehabt haben, die Band live zu erleben.

Los ging es dann auch direkt mit Gesang (u.a. mit dem gleichnamigen Song „Radio Doria„), bevor nach dem dritten Song eine persönliche Begrüßung erfolgte. So erzählte Liefers, dass er schon mal das Vergnügen hatte, in der Darmstädter Centralstation spielen zu dürfen. Damals noch mit dem „Soundtrack meiner Kindheit“ und nur vor „halbvoller Bude“. Da hat sich ja in den letzten Jahren so einiges getan. Nicht nur, was das Leben von Herrn Liefers angeht, sondern auch die Verkaufszahlen seiner Konzerttickets. Verdient, würde ich sagen. Denn, wie ich auch schon in meinem ersten Konzertbericht zu Radio Doria schrieb, sind die Lieder für mich eine wunderbare Kopf-frei-Gedanken-rein-Musik. Wenn man seine Gedanken einfach einmal treiben lassen will um herauszufinden, wo sie dich hinführen und was sich in deinem Kopf alles so abspielen kann, sind die Songs von „Die Freie Stimme der Schlaflosigkeit“ genau die richtige Musikwahl.
Manchmal weiß man gar nicht, zu was man alles in der Lage ist zu denken, bis man durch Musik die richtige Inspiration findet. Bei Herrn Liefers ist es wohl genau andersherum. Bei ihm sind zuerst die Gedanken da, daraus entsteht die Musik. So erklärte er: „Eh man sich hin & her wirft im Bett, schreibt man ein schönes Lied.“ Stimmt. Und das Ergebnis dieser freien Stimme der Schlaflosigkeit, gibt es dann für uns alle zu hören.

Zur Setlist an diesem Abend gehörten auch Songs wie „Liebe ist nicht wie du“ und „Helden“. Anders als bei dem sehr intimen HR3-Konzert, wurde der Auftritt der Band diesmal visuell durch eine große Leinwand unterstützt, was der Performance auf der Bühne noch mal eine zusätzliche ausdrucksstarke Note verliehen hat. Dabei war jedoch auch diesmal der Teppich auf der Bühne. Was es damit auf sich hat? Keine Ahnung. Aber schafft ein wenig Gemütlichkeit.

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Erzählt hat Liefers auch diesmal die Geschichte vom alten Mann, seinen 3 prachtvollen Söhnen und den 17 herrlichen Kamelen. Auch wenn ich den Ausgang der Geschichte mittlerweile kannte, so war es doch schön, ihm zuzuhören. Man merkt, dass er Schauspieler ist. Die Art, wie er mit seiner Stimme spielt und die Geschichte interpretiert, macht Spaß, ihm zu lauschen. Diesmal war es natürlich ein Mann aus Darmstadt, der auf einem weiteren Kamel angeritten kam, um bei der Problemlösung zu helfen. Das kam beim Darmstädter Publikum gut an.

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Danach ging es dann weiter mit dem Song „Rückenwind“. Es sind mitunter altbekannte Weisheiten, die man in den Songs von Radio Doria vermittelt bekommt. So wie „der Weg ist das Ziel“ aus „Rückenwind“. Doch wenn man sie so nett verpackt vorgetragen bekommt, hört man gerne hin, nimmt sie mit nach Hause und hält sie vielleicht sogar ein bisschen im Herzen, wo sie gut tun.

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Sodann folgte ein E-Gitarren Solo, das eines Slash würdig gewesen wäre. Ich liebe den Gitarrensound! Das geht durch und durch!
Herr Liefers war an diesem Abend zudem angenehm in Gesprächslaune. So erfuhren wir, dass in Greifswald/Dresden um 22 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, wir hörten von der Geburtstagsüberraschung für seine Mutter und von der kleinen Schatzkiste, die Mütter gerne packen, mit all den schönen Erinnerungen. Eine passende Überleitung zum nächsten Song, „So sieht man sich wieder (in einem alten Schuhkarton, ich muss dich wohl behalten, um dich zu verlieren)“.

Und weil gerade über Erinnerungen gesprochen wurde, bescherte Liefers einer Zuschauerin eine ganz besonders schöne. Er lud sie zum gemeinsamen Tanz auf die Bühne ein.

Dann betrat eine (vermeintliche) Prima Ballerina die Bühne. Doch als sie sich ihres Tutus entledigte, wurde der Tanz eher Contemporary.

Etwas sentimental wurde es dann bei der Geschichte von dem israelischen Mädchen, das einem Selbstmord-Attentat zum Opfer fiel. Auch diese Geschichte hörte ich bereits beim HR3-Konzert in Frankfurt, was sie jedoch diesmal nicht weniger berührend machte. Passend dazu wurde der Song „Zweifel(n)“ gewählt, in dem es u.a. heißt „Jeder Zweifel hat seinen Preis und der Wind in deinen Haaren wird zum Sturm in deinem Kopf…keine Antwort ohne Fragen.“

Traurig wurde es dennoch nicht in der Halle. Denn kurz darauf erhielt Liefers die Nachricht ins Ohr geflüstert, dass es 5:0 für die Bayern stand. Es wurden weitere tagesaktuelle Themen angesprochen, doch man merkte, dass das Publikum an diesem Abend nicht in die Politik eintauchen wollte. Ich denke, vielen ging es wie mir. An einem solchen Abend möchte man sich eine kurze Verschnaufspause von all den trübseligen Themen aus den Nachrichten gönnen.

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Die kleinen Ansprachen die Liefers zwischendurch hielt, zeigten jedoch sehr gut, um was für eine Art Konzert, um was für eine Art Künstler es sich hier handelt: ein reflektierter Mensch, ein Poet, so wie man sich einen Künstler vorstellt. Er saugt alles aus seiner Umwelt auf und macht sich darüber Gedanken, um es dann in Songs zu verarbeiten, die berühren. Passend dazu folgte der Song „Gute Nachrichten“.

Sehr schön war auch die Anekdote über die russische Opernsängerin, die fragte: „Warum muss ich singen?“ und als Antwort erhielt: „Weil die Worte nicht reichen.“ Eine gute Überleitung zu dem Song „Unbeschreiblich“, für alle, denen manchmal die Worte fehlen.

Man genießt die Interaktionen Liefers mit dem Publikum. Einen ganz besonderen Glanzmoment hatte dann jedoch Christian Adameit, als er zu seiner Interpretation von „Moon over Bourbon Street“ ansetzte. Sting for the Win, kann man da nur sagen! Gänsehaut pur! Der Song rockte!

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Danach folgte später noch ein solides Gitarrensolo. Dafür gab es mehr Applaus als für Ballerina. Spricht also eindeutig für die Gitarrieros.

Es folgte der Song „Verlorene Kinder“ und ein ordentlich Drumsolo, das gegen Ende noch mal so richtig Tempo machte. Und dann war der Zauber auch schon fast wieder vorbei. Vorher wurde aber die Ukulele noch mal ausgepackt.

Mein Lieblingszitat dieses Abends war: „Ich kann auch ohne Alkohol traurig sein.“

Und ich schließe diesen Bericht, indem ich Herrn Liefers Opa widerspreche. Denn es ist gut, „dass der Junge nix anständiges gelernt hat.“